Das Rezept für die Apfelschlangerl – eine Art Apfelstrudel aus Mürbteig – ist alt. Sehr alt: Ich habe es in einer handgeschriebenen Rezeptsammlung aus 1896 entdeckt und einfach mal nachgebacken. Überraschung: Das Rezept ist erstaunlich modern, einfach zu machen und richtig lecker. Offenbar ein Klassiker, der nie alt wird!
So bin ich an das Apfelschlangerl-Rezept gekommen
Ich habe dieses kleine handgeschriebene Büchlein mit Rezepten im Nachlass meiner Mutter gefunden. Mein Historikerinnen-Herz hat ganz aufgeregt geklopft, als ich es im Bücherregal entdeckt habe. Ich habe unter anderem Geschichte studiert, das Interesse für „altes Zeug“ ist bei mir ziemlich ausgeprägt. Fragt meinen Mann, wenn er mit mir auf den Flohmarkt geht 🙂 !
Das Buch war alt, das war auf den ersten Blick klar. Das fand ich schon mal super. Und dann war es noch dazu ein Kochbuch. Besser geht’s nicht!
Ich habe keine Idee, wie diese Rezeptsammlung in den Besitz meiner Mutter gekommen ist. Es sieht so aus, als hätte es eine Wilhelmine Schöggl aus Altenberg 1896 begonnen. Aber auch die Namen Mina Schöggl, Wilhelmine Perl und Theresia Schrittwieser tauchen auf. Ich glaube nicht, dass eine Verwandtschaft zu Wilhelmine Schöggl besteht. Der Name kommt mir nicht bekannt vor.
Also falls du Wilhelmine Schöggl oder oder eine der anderen genannten Damen kennst, dann melde dich bitte bei mir! Mich würde der Weg dieses Buchs wirklich interessieren.
Warum ich Kurrentschrift lesen kann
Die Rezeptsammlung ist in Kurrentschrift geschrieben, der “alten Schrift”. Die kann ich mehr oder weniger gut lesen, und zwar aus folgendem Grund: Als Kind hatte ich in der Volksschule im Außerfern in Tirol Unterricht in „Schönschreiben“. Wir mussten mit Tusche und Redisfeder Buchstaben und Wörter und vermutlich auch Sätze in Kurrentschrift schreiben. Das war eine ziemliche Herausforderung.
Ich hab‘s geliebt. Ich mochte das Schreiben mit Tusche und Feder; ich war ein komisches Kind.
Off Topic: Vor dem Lehrer habe ich mich gefürchtet: Er war der Direkter der Volksschule. Aus meiner 8-jährigen Sicht ein uralter Mann, dem man mit Ehrfurcht begegnen musste. Wenn man irgendetwas falsch machte, gab‘s Strafen. Man durfte dann zum Beispiel nicht auf dem Sessel sitzen, sondern musste neben dem Pult knien und knieend mitschreiben und mitrechnen.
Manchmal gab’s diese Strafe gleich für die ganze Klasse. Kollektives Knien für alle, weil einer von uns “schlimm” gewesen war.
Ich habe mich sooo vor dem Direktor gefürchtet. Langes Knien auf dem Boden tut weh.
Heute kann ich kaum glauben, dass das alles tatsächlich so passiert ist. Aber da ich Kurrentschrift lesen kann, muss ich das ja wohl irgendwann gelernt haben. Und die Tusche, die breite Redisfeder, das Heft sehe ich heute noch vor mir.
Ist das nicht arg?!? Tusche und Redisfeder für 8-jährige??? Um „Schönschreiben“ zu lernen? Noch dazu in Kurrentschrift, die damals nicht mehr in Verwendung war?
Und Straf-Knien?!? Brrr. Geht gar nicht. Was bin ich froh, dass diese Zeiten vorbei sind!
Apfelschlangerl: Ein handgeschriebenes Rezept von 1896
Zurück zu den Apfelschlangerl: Bei der Rezeptsammlung von 1896 kommen mir meine Kurrentschrift-Kenntnisse zugute Ich kann die Rezepte so halbwegs entziffern. Ich habe sogar begonnen, sie abzutippen, bin aber nicht weit gekommen. Flüssiges Lesen ist das dann doch nicht.
Die „Apfel Schlangel“ sind Rezept Nummer 8. Festgehalten sind die Angaben für die Zutaten und die Zubereitung. Kleinigkeiten wie Backzeiten, Backtemperatur und diverse Mengenangaben fehlen.
Hier ist die abgetippte Version; Rechtschreibfehler habe ich übernommen:
8. Apfel Schlangel.
Rezeptsammlung von Wilhelmine Schöggl, 1896.
Mache einen Teig von 28 dek. Mehl 14 dek. Butter 2 Löfel sauren Rahm 2 Löffel Wein 2 dotter laß ihn gut rasten; theil in in zwei Theile walk in dan Messerrücken dick aus, füllt klein mitert (?) geschnittene Äpfel, Rosinen geschälte, länglich geschnitene Mandeln Zucker hinein leg eine Hälfte auf die andere, mache kleine Einschnitt in Oberen und Unteren Theil bestreich ihn mit Wasser und back ihn gut, auf dem Blech.
Letztes Wochenende habe ich diese Apfelschlangerl nachgebacken. Die fehlenden Mengenangaben, die Backtemperatur und die Backzeiten habe ich mir aus dem österreichischen Kochbuch Heute lieber kein Fleisch* (Werbung/Affiliate Link) von Ingrid Pernkopf geholt. Gewürzt habe ich nach eigenem Geschmack, mit gemahlenen Zimtblüten und Vanille.
Beim Rest des Rezeptes habe ich mich an das Originalrezept gehalten. Das war erstaunlich modern; da waren gar keine Änderungen nötig:
- Zuerst wird ein Mürbteig mit Mehl, Zucker, Eigelb, Sauerrahm und Weißwein geknetet. Der muss gut kühlen, dann wird er rechteckig ausgerollt.
Hier bin ich vom Originalrezept abgewichen: Die Apfelschlangerl wurden ursprünglich wohl wie ein Blechkuchen gebacken, mit Boden, Apfelfülle und Deckel. Ich habe stattdessen einen Strudel geformt.
- Für die Fülle werden Äpfel geschält, geachtelt und blättrig geschnitten, mit Zucker, Gewürzen und grob gehackten Mandeln vermischt. Ich habe ungeschälte Mandeln genommen, empfehle aber geschälte Mandeln. Die Haut hat mich beim Essen gestört.
- Die Apfelfülle kommt mittig auf den ausgerollten Mürbteig. Der Teig wird über die Apfelfülle geklappt, gut verschlossen und mit Wasser bestrichen. Mit einem scharfen Messer schneidest du kleine Schlitze hinein, damit der Dampf entweichen kann.
- Die Apfelschlangerl werden nun goldgelb gebacken und nach dem Backen mit Staubzucker bestäubt.
Also ein „ganz normales Rezept“, das in dieser Form auch in einem modernen Backbuch stehen könnte. Alles andere als altmodisch. Ich war wirklich erstaunt.
Die Apfelschlangerl schmecken auch modern. Der Mürbteig ist knusprig und wird nicht matschig, die Apfelfülle ist super, die gehackten Mandeln sorgen für einen schönen Biss. Man kann nicht meckern; das ist ein schönes, leckeres Rezept. Danke, liebe Wilhelmine!
Hier sind weitere österreichische Rezepte:
- Süßer Kartoffelgugelhupf mit Schokoladensauce
- Ribiselgugelhupf aus Hefeteig
- Linzertorte, hier in der Oster-Edition
Hüpf rüber und hol dir Appetit auf österreichische Kuchen 🙂 ! Meine Rezepte sind wie immer laktosefrei. Wenn du Laktose verträgst, hast du es einfacher als ich: Du backst die Rezepte einfach mit deinen gewohnten Zutaten – und sparst dir die Suche nach laktosefreien Zutaten.
Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag!
Apfelschlangerl, Apfelstrudel aus Mürbteig, laktosefrei
1
Stunde10
MinutenEin knuspriger Mürbteig umhüllt eine saftige, aromatische Apfelfülle. Sehr lecker!
Zutaten
- Mürbteig
280 g Mehl
140 g Butter (laktosefrei, wenn du sehr empfindlich bist)
50 g / 2 EL Sauerrahm, laktosefrei
2 EL Weißwein
2 Eigelb
Prise Salz- Apfelfülle
Ca. 600 g säuerliche Äpfel (ich: Topaz)
50 g grob gehackte geschälte Mandeln
50 g Zucker
1 TL Zimt oder Zimtblüten
1 EL Vanillezucker
Zubereitung
- Die Zutaten für den Teig mit der Küchenmaschine zu einem glatten Mürbteig kneten. Zuletzt kurz von Hand durchkneten, bis sich alles zu einem glatten Teig verbunden hat. 30 min kühlen.
- Backrohr vorheizen auf 170 °C Umluft.
- Die Äpfel schälen und achteln. Kerngehäuse ausschneiden. Äpfel in dünne Scheiben schneiden. Die Menge sollte ca. 450 g ergeben. In eine Rührschüssel geben und mit Mandeln, Zucker, Zimt oder Zimtblüten und Vanillezucker vermischen.
- Den Mürbteig direkt auf einem Backpapier etwa 3 mm dick zu einem großen Rechteck ausrollen. Kanten bei Bedarf gerade schneiden. Backpapier samt Teig auf das Backblech ziehen. Die Füllung mittig verteilen. Mit Hilfe des Backpapiers erst das untere Drittel Teig über die Füllung klappen, dann das obere Drittel Teig so nach unten klappen, dass der Teig überlappt und das Apfelschlangerl geschlossen ist. Die Enden und die Naht gut festdrücken. Apfelschlangerl mit Wasser bestreichen, mit einem scharfen Messer kleine Schlitze in den Teig schneiden.
- Apfelschlangerl 35-45 Minuten auf der mittleren Schiene goldbraun backen. Aus dem Rohr nehmen und auskühlen lassen. Mit Staubzucker bestäuben.
Anmerkungen zum Rezept
- Wenn du Laktose verträgst, nimmst du normalen Sauerrahm und normale Butter.
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Liebe Eva,
beim lesen der Zutaten, musste ich doch sehr lächeln!
Denn Sauerrahm, findet sich in den Rezepten meiner Oma (geb 1898) sehr häufig.
Im (salzigen) Dampfnudelteig (Germknödel), in etwas Langoschartigem…..
Damit wurde wohl die Butter früher reduziert.
Herzliche Grüße
Coco
Liebe Coco,
das klingt einleuchtend. Sauerrahm war billig, soweit ich weiß.
Aber abgesehen davon: Ich finde, Sauerrahm gibt Mürbteig eine schöne Konsistenz und guten Geschmack. Auch beim Nussstrudel nach dem Rezept meiner Oma ist Sauerrahm im Teig. Mir schmecken diese Sauerrahm-Mürbteige sehr!
Liebe Grüße, Eva