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Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept von Dr. Oetker, laktosefrei

Manchmal muss man ein kleines bisschen verrückt sein: Ich habe einen Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept aus einem Dr. Oetker-Rezeptheft von 1895 gebacken. Das Rezeptheft entdeckte ich heuer zu Ostern bei einem Open House Flohmarkt in Wels; mehr dazu findet ihr hier in diesem Beitrag.

Ich liebe alte Rezepte und alte Koch- und Backbücher. Ich muss immer so lachen, wenn ich beim Lesen feststelle, wie sehr sich die Zeiten und die Backtechniken geändert haben. Da muss der Teig eine Stunde gerührt werden, dort kommen 20 Eier in eine Torte, es werden „Blätter“ ausgewalkt und „Model“ gefüllt.

Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept

Außerdem finde ich es faszinierend, wie deutlich sich in alten Backbüchern die traditionelle Rollenverteilung mit dem Mann als Versorger und der Frau als Hausfrau zeigt. Da finden sich dann solche Sätze wie dieser aus „Königs Bilderrezepte Kochbuch 4“ (ohne Jahresangabe, vermutlich aus den 60er Jahren):
„Sollten Sie Ihre Sonntagsausflüge im Auto machen, wird Ihnen der Fahrer dankbar sein, wenn Sie ihm hin und wieder ein Stückchen Keks oder Zwieback in den Mund schieben. Das belebt und erfrischt wirklich!“

Was bin ich froh, dass sich die Zeiten und die Rollenbilder geändert haben!

Zurück zu meinem Back-Experiment. Ich wollte einfach mal probieren, ob ein altes Dr. Oetker Rezept auch heute noch funktioniert und überzeugt. Alte Rezepte werden ja gerne verklärt; „nach altem Rezept“ klingt von vornherein wie eine Garantie für Wohlgeschmack.

Open House Dr. Oetker Rezepte 1

Dr. Oetker hat das Rezeptbuch anscheinend herausgegeben, um den Hausfrauen (backende Männer scheint es damals nicht gegeben zu haben, zumindest nicht im Haushalt) das Backen mit Backpulver zu erklären. Offenbar war Backpulver damals eine neue Erfindung und die Hausfrauen mussten erst lernen, wie sie damit umgehen sollten.

Dr. Oetker selber musste die optimale Anwendung von Backpulver ebenfalls erst herausfinden, vermute ich mal. Beim Lesen des Vorworts wurde mir jedenfalls ganz anders: Dort erklärt der Apothekenbesitzer Dr. A. Oetker aus Bielefeld, dass Backpulver als Ersatz für Hefe, Hirschhornsalz und Pottasche dient. Ich glaube, heute wissen wir, dass Backpulver Hefe nicht immer und überall ersetzen kann! Die Rezepte für Buchteln, Schnecken und Wespennester, die Dr. Oetker in diesem Heft mit einem Backpulverteig bäckt, wollte ich daher gar nicht versuchen. Das konnte nicht gut gehen.

Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept

Ich habe mich also für einen „Feinen Gugelhupf“ entschieden, das erste Rezept in dem Büchlein. Die Zubereitung unterscheidet sich deutlich von der „heutigen“ Zubereitung eines Gugelhupfs. Zum einen wird der Gugelhupf eine ganze Stunde lang gerührt! Damals wurde vermutlich von Hand gerührt; bei mir erledigte das die Küchenmaschine. Ich rührte allerdings 10 Minuten kürzer als im Rezept angegeben, weil ich mir nach 50 Minuten Rühren allmählich Sorgen um meine Küchenmaschine machte.

Zweitens wird bei diesem Rezept von Anfang an das Mehl löffelweise eingerührt. Ich kenne Rührkuchen so, dass das Mehl erst am Schluss zugegeben und gerade so lange eingearbeitet wird, bis sich alle Zutaten zu einem glatten Teig vermischt haben. Wenn man länger rührt, wird der Teig klebrig und „patzig“. Beim Backen wird er dann nicht so locker, wie er sein sollte.

Genau das ist hier passiert. Nach dem ewig langen Rühren war die Masse vor der Zugabe des Eischnees klebrig und speckig. Der Teig sah einfach nicht richtig aus.

Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept
Der Gugelhupf nach dem Backen

Der dritte Punkt war für mich der schlimmste. Laut Rezept wird das Backpulver nicht mit Mehl vermischt, sondern dann, wenn alle Zutaten verrührt sind und der Eischnee untergehoben wurde, über den Teig gestreut und leicht eingerührt.

Dieser Schritt tat mir RICHTIG WEH. Ich habe lange überlegt, ob ich mich an das Rezept halten soll oder das Backpulver so wie heute üblich unter das Mehl mischen soll, habe mich dann aber entschieden, das Rezept zu befolgen. Ich war allerdings sehr skeptisch, ob der Gugelhupf auch aufgehen und schmecken würde.

Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept
Der fertig gebackene Gugelhupf

Gebacken habe ich den Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept zuerst bei 175° C, die letzten Minuten bei 150° C. Laut Rezept sollte er in die „gut geheizte Röhre”. Mein Gugelhupf ging auf, sackte aber beim Abkühlen etwas zusammen.

Dann der Anschnitt. Glaubt mir, ich war richtig gespannt, wie der Gugelnhupf nach 121 Jahre altem Rezept schmecken würde! Vielleicht würde ja gerade die spezielle Backtechnik dazu führen, dass er sagenhaft schmeckt, wer wusste das schon? Ich habe ja keine Erfahrungen mit dieser Art der Zubereitung!

Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept

Das Ergebnis: Der Gugelhupf schmeckt okay. Wie ein Gugelhupf halt. Aber nicht wie ein feiner, toller Super-Gugelhupf, von dem man sofort ein zweites Stück will, sondern wie ein normaler Gugelhupf. Er ist nicht zu süß, was ich sehr angenehm finde; auch die Mandeln schmeckt man fein heraus.

Von der Konsistenz her finde ich den Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept nicht so gelungen wie ein Gugelhupf nach heutigen Rezepten. Er ist nicht ganz so saftig wie ich es gerne mag. Und er ist nicht ganz gleichmäßig durchgebacken, sondern hat teilweise sitzengebliebene Stellen. Ich glaube, dass das davon kommt, dass das Backpulver nicht mit dem Mehl vermischt wurde.

Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept

Mein Fazit? Der Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept ist okay. Er ist okay – nach all diesem Aufwand mit der langen Rührerei!  Ich empfehle euch, bleibt lieber bei euren bewährten Rezepten. In den letzten 121 Jahren hat sich bei der Backtechnik anscheinend einiges verändert, und das ist wohl gut so!

Trotzdem bin ich neugierig geworden. Ich werde sicherlich weitere alte Rezepte testen. Vielleicht nicht unbedingt Rezepte aus diesem Rezeptheft, sondern vielleicht das eine oder andere der handgeschriebenen kursiven Rezepte, die ich beim selben Flohmarkt gefunden habe. Aber auch wenn das Geschmackserlebnis diesmal nicht so toll war wie erhofft – das Backen hat riesig Spaß gemacht!

[recipe title=”Gugelhupf nach 121 Jahre altem Dr. Oetker Rezept” servings=”1 kleiner Gugelhupf”]
Zutaten
160 g Butter
4 Eier
100 g Zucker
5 EL Milch (ich: laktosefrei)
200 g Mehl
30 g geriebene Mandeln
½ Pck. Backpulver
1 EL Vanillezucker (im Original: Vanillin)
Geriebene Zitronenschale von ¼ Bio-Zitrone
10 g Mandelblättchen

Zubereitung
1. Eine Gugelhupfform mit Butter fetten, mit Mehl ausstreuen. Die Mandelblättchen hineinstreuen. Das Backrohr auf 170° C Ober-/Unterhitze vorheizen.
2. Die Butter in einer Schüssel ¼ Stunde lang abtreiben, also rühren, sodass sie hell und luftig ist.
3. Nun 1 Dotter, 1 Löffel Mehl und 1 Löffel Zucker dazugeben und fünf Minuten unterrühren. Dies so oft wiederholen, bis die Zutaten aufgebraucht sind. Dazwischen je nach Bedarf die Milch (löffelweise), Vanillezucker, Zitronenschale und die Mandeln dazu geben und ebenfalls gründlich unterrühren. Insgesamt sollte der Teig eine Stunde gerührt werden.
4. Den Schnee von 4 Eiklar schlagen und vorsichtig unter den Teig heben.
5. Das Backpulver über den Teig streuen und leicht unterrühren.
6. Den Teig in die Gugelhupffform geben. 40 Minuten bei 175° C backen, dann auf 150° zurückschalten und weitere 10 Minuten backen.

Gugelhupf nach 121 Jahre altem Rezept
[/recipe]

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15 Comments

  1. Guten Abend und vielen Dank für das Teilen dieses Erlebnisses! Als ich den Titel gelesen habe, habe ich mir schon gedacht: Waren die Rezepte damals wirklich schon so gut wie heute? Kannte man damals vielleicht andere Kniffe, an die man heute nicht mehr denkt? Du hast es ja super aufgelöst.
    Ich habe mir auch gleich deinen Artikel über den Flohmarktfund durchgelesen. Total spannend solche Flohmärkte! Und wenn man dann tatsächlich solche Schätze findet: unbeschreiblich.
    Ich habe mal bei ebay einen alten Überseekoffer ersteigert und zuhause dann entkernt. Er war mit alten Zeitungen von 1913 ausgekleidet, da habe ich mich auch wahnsinnig gefreut :D. Ich liebe alles mit Geschichte!
    Liebe Grüße
    Marileen

    • Liebe Marileen, Glückwunsch zu deinem Überseekoffer! Das klingt spannend!
      Ich werde dran bleiben und noch weitere alte Rezepte testen. Die Zubereitungsart werde ich aber wohl anpassen und heutige Erkenntnisse einfließen lassen. Meistens steht über die Zubereitung eh nichts dabei, nur die Zutaten werden angegeben, da bleibt viel Interpretationsspielraum 🙂 !
      Liebe Grüße! Eva

  2. Echt spannend, so alte Koch- und Backbücher. Finde es super, dass du dich da durchprobierst 😉
    Herzliche Grüße, Jenny

    • Mach ich gerne 🙂 ! Ich werde immer dankbarer für die Bequemlichkeit, die wir heute haben. Kein Anfeuern mit Holz mehr, exakte Temperaturen, Küchenmaschine, Handmixer, Tiefkühltruhe und viele mehr machen das Leben deutlich einfacher!
      Liebe Grüße! Eva

      • Das stimmt allerdings. Aber so alte Rezepte haben einfach etwas weil auch die Fantasie angeregt wird. Man stellt sich das dann auch vor, wie das vielleicht gewesen sein mag ;))

        • Ganz genau 🙂 !

          • Das Problem ist der heutige Weizen hat nicht mehr viel mit um 1900 zu tun. Heute ist viel mehr Gluten im Weizen. Es soll ja schnell gehen

          • Ja. Ich bin keine Expertin, aber ich glaube, in den letzten 100 Jahren hat sich nicht nur der Weizen verändert. Eier zum Beispiel, und Schokolade. Backrohre. Backformen. Ich weiß gar nicht, ob Backen wie damals heute überhaupt noch originalgetreu nachgemacht werden kann.
            Liebe Grüße
            Eva

  3. Liebste Eva,
    Was für eine schöne Idee! Als ich las, dass du dich konsequent an das Rezept gehalten hast, habe ich mich richtig gefreut. Auch wenn das Ergebnis möglicherweise eher mittelmäßig ausgefallen ist, so war es doch eine spannende Geschichte. Ich habe richtig Lust bekommen, auch mal so ein Experiment zu wagen. Danke, dass du deines mit uns geteilt hast.
    Ganz liebe Grüße Maren

    • Man lernt auf jeden Fall viel dazu, Maren! Spannend war es wirklich. Ich war sooo neugierig, wie der Gugelhupf schmecken würde!
      Außerdem gewinnt man Respekt vor den damaligen Bäckerinnen: Ich könnte nie einen Teig 60 Minuten von Hand schlagen! Ich bin so froh über meine Küchenmaschine!
      Liebe Grüße! Eva

  4. Liebste Eva,
    Was für eine schöne Idee! Als ich las, dass du dich konsequent an das Rezept gehalten hast, habe ich mich richtig gefreut. Auch wenn das Ergebnis möglicherweise eher mittelmäßig ausgefallen ist, so war es doch eine spannende Geschichte. Ich habe richtig Lust bekommen, auch mal so ein Experiment zu wagen. Danke, dass du deines mit uns geteilt hast.
    Ganz liebe Grüße Maren

  5. Hallo,

    ich wollte nur ausrichten, dass der Kuchen sehr lecker war!

    LG

    • Meinst du diesen Gugelhupf nach altem Rezept oder einen anderen Kuchen? Vom Gugl war ich nicht so begeistert. Es freut mich jedenfalls sehr, wenn dir eines von meinen Rezepten geschmeckt hat!
      Liebe Grüße! Eva

  6. Hallo Eva!

    Ist bei dem Rezept denn kein Mehl dabei?
    20 g Mandeln können dem Teig ja keinen *Körper*geben.

    Finde deine Seite hervorragend.

    Liebe Grüße aus der Steiermark
    Erika

    • Eva Dragosits

      Liebe Erika,
      vielen Dank für den Hinweis 🙂 ! Natürlich ist Mehl dabei, 200 g; und bei den Mandeln sind es 30 g. Es sieht so aus, als hätte ich versehentlich eine Zeile halb gelöscht, sodass es zu diesen falschen Angaben kam.
      Danke für das nette Kompliment! Ich freu mich sehr, dass es dir hier bei mir gefällt 🙂 !
      Liebe Grüße
      Eva

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